Ist der Ausdruck “Die Mannschaft“ bald Geschichte?

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Auch knapp zwei Monate nach dem 0:2 gegen Südkorea im letzten und entscheidenden Gruppenspiel und dem damit verbundenen ersten Vorrunden-Aus überhaupt einer deutschen Nationalmannschaft, beschäftigen die Geschehnisse bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland sowohl die Öffentlichkeit als auch die Verantwortlichen beim DFB.

Während von Bundestrainer Joachim Löw kommende Woche eine umfassende Analyse des historischen Debakels erwartet wird und zugleich mit der Nominierung des ersten Nach-WM-Kaders für das Auftaktspiel in der UEFA Nations League gegen Frankreich (6. September in München) und den Test gegen Peru (9. September in Sinsheim) auch eine Ansage für die Zukunft, hat sich DFB-Präsident Reinhard Grindel im Interview mit der “Bild am Sonntag“ zu einigen Brennpunkten geäußert.

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Mehr Nähe zur Basis und eine bessere interne Kommunikation

So hat Grindel die Kritik an der fehlenden Nähe zur Basis registriert, angenommen und sich auch schon Gedanken über mögliche Neuerungen gemacht: “Ich denke da an mehr öffentliche Trainingseinheiten, niedrigere Ticketpreise – bei den Anstoßzeiten sind wir leider durch unsere Verträge weniger flexibel. Und ich nehme auch wahr, dass an der Basis der Begriff „Die Mannschaft“ als sehr künstlich empfunden wird. Auch das sollten wir auf den Prüfstand stellen.“

Grindel deutete darüber hinaus auch an, dass die Kommunikation innerhalb des DFBs während der WM nicht optimal war und er auch deshalb in einigen Bereichen nur bedingt handlungsfähig war:

“Ich bin während der WM nicht nah genug an der Mannschaft gewesen, um sagen zu können, ob das Teamquartier nicht ausreichend war, ob es in den Abläufen Dinge gab, die nicht gut waren. Da erwarte ich auch von Teammanager Oliver Bierhoff, dass das Präsidium Einblicke in die Abläufe erhält. Wir als DFB-Delegation haben manches, was jetzt im Nachhinein aus Watutinki berichtet worden ist, während des Turniers nicht vermittelt bekommen.“

Entlastung für Oliver Bierhoff

Eine Konsequenz aus den Geschehnissen von Russland wird es voraussichtlich sein, dass der in vielen Bereichen geforderte Bierhoff künftig einige Aufgaben abgeben kann.

“Es wird eine Entlastung geben, weil wir einen Leiter der neuen DFB-Akademie bekommen. Es wird auch einen Nachfolger von Horst Hrubesch als Sportdirektor geben, der Bierhoff ebenfalls entlasten wird. Ansonsten muss er in den nächsten Monaten selbst überprüfen, ob er das alles leisten kann, das haben wir so auch verabredet.“

An persönliche Konsequenzen in Form eines Rücktritts denkt Grindel, der “sehr großen Rückhalt bei den Landesverbänden und in der Bundesliga“ spürt, nicht. Allerdings zeigt sich der 56-Jährige durchaus auch selbstkritisch, insbesondere in Bezug auf den Fall Mesut Özil.

„Ich hätte mich angesichts der rassistischen Angriffe an der einen oder anderen Stelle deutlicher positionieren und vor Mesut Özil stellen müssen. Da hätte ich klare Worte finden sollen. Solche Angriffe sind völlig inakzeptabel.Dass sich Mesut Özil da vom DFB im Stich gelassen fühlte, tut mir leid“, so Grindel, für den neben dem Neuaufbau der Nationalmannschaft in den kommenden Wochen auch die finale Phase der Bewerbung um die Ausrichtung der EM 2024 auf der Agenda steht.

In diesem Zusammenhang zeigt sich der DFB-Präsident zuversichtlich, das Duell mit der Türkei gewinnen zu können. Das wäre auch für Grindels Standing von enormer Wichtigkeit.

Bei den Nations League Wetten liegt Deutschland hinter Spanien, Frankreich und Belgien, wenn es um den Gesamtsieg in der Nationenliga geht.