Warum Spanien bei der WM 2014 ausgeschieden ist

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Das doch sehr überraschende Scheitern von Welt- und Europameister Spanien hat uns dazu veranlasst, uns Gedanken darüber zu machen, warum die „Furia Roja“ in beiden Spielen der WM 2014 enttäuscht hat. Spanien wurde vor dem Turnier als einer der WM 2014 Top-Favoriten gehandelt. Wir haben 3 Gründe ausgemacht, die zum Ausscheiden Spaniens beigetragen haben.

Der Tormann

Iker Casillas bei der EM 2012
Wikimedia: Олег Дубина (CC BY-SA 3.0)

Es war einfach nicht sein Jahr. „San Iker“ absolvierte in diesem Jahr nur 24 Pflichtspiele für Real Madrid, wobei er in der spanischen Liga nur für 2 Spiele auf dem Feld stand. Die restlichen Partien teilten sich auf den Copa del Rey sowie die Champions League auf, wobei er sogar über den CL-Titel jubeln durfte. Doch der Gewinn dieser Trophäe war der wohl einzige Lichtblick in diesem Jahr für den fünfmaligen Welttorhüter.

Spanien Coach Vicente del Bosque  schenkte Casillas trotz der nicht gerade optimal verlaufenen Saison das Vertrauen und wurde dafür nicht belohnt. Der  Torhüter, der seine komplette Karriere bei Real Madrid verbracht hat, wirkte teilweise nervös und unsicher und leistete sich im Spiel gegen die Niederlande einige Patzer. Auch im zweiten Spiel gegen Chile wehrte Casillas den Ball nach einem Freistoß unglücklich in die Mitte zu Aranguiz ab, der dankend zum 2:0 für die Chilenen einschob. Nach dem Ausscheiden der „Furia Roja“ wurden Gerüchte laut, dass „San Iker“ nach dieser Weltmeisterschaft seinen Abschied aus dem Nationalteam verkünden wird.

Das Spielsystem

Enorm viel Ballbesitz, viele kurze Pässe und ein überlegter Spielaufbau. Das spanische Tiki-Taka hat in den letzten Jahren für viele Schlagzeilen gesorgt. Mit diesem Spielsystem beherrschte der FC Barcelona für einige Jahre die Fußballwelt und das spanische Nationalteam perfektionierte das Kurzpassspiel und kürte sich damit zum Welt- und doppelten Europameister.

Doch die Konkurrenz schlief nicht und stellte sich den letzten Spielzeiten immer stärker auf die Spielanlage der Spanier ein. Dies stellte die sonst so erfolgsverwöhnte Mannschaft vor ungekannte Probleme. Im ersten Spiel gegen die Niederlande spielten die Oranjes unter Coach Louis van Gaal ein 5-3-2 System, welches auf schnelle Konter ausgelegt war. FC Bayern Star Arjen Robben nützte die perfekten Pässe seiner Mitspieler und hatte einen großen Anteil am Sieg der Niederländer. Die Chilenen agierten etwas anders, denn sie probierten es mit einem extrem aggressiven Pressing gegen den ballführenden Spieler, welches den technisch versierten Spaniern überhaupt nicht behagte. Das WM-Team aus Chile drückte 90 Minuten lang gegen den Ball und ließ den Spaniern kaum Luft zum Atmen. Dies führte schlussendlich zu einem 2:0 Sieg und dem endgültigen Aus der „Furia Roja“ bei der WM 2014 in Brasilien.

Spaniens WM 2014 Stürmer Diego Costa
Wikimedia: Carlos Delgado (CC BY-SA 3.0)

Im Vergleich zu den letzten Jahren agierte Spanien bei der Weltmeisterschaft in beiden Spielen mit einem echten Stürmer. Der gebürtige Brasilianer Diego Costa, der dieses Jahr bei Atletico Madrid die beste Saison seiner Karriere spielte, agierte jedoch glücklos im Sturmzentrum und wurde in beiden Spielen ausgewechselt. Costa wirkte wie ein Fremdkörper, der vergebens seinen Platz im Spielsystem suchte. Der bullige Stürmer hatte erst kurz vor dem Turnier bekannt gegeben, für Spanien anstatt für sein Geburtsland Brasilien spielen zu wollen. Im ersten Spiel gegen die Niederlande wurde Diego Costa bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen, was den sonst so ballsicheren Angreifer sichtbar verunsicherte. Weiters muss noch erwähnt werden, dass sich Costa erst kurz vor Beginn der WM von einer Verletzung erholte hatte, die ihm sogar die aktive Teilnahme am Champions League Finale kostete, bei dem er nach einigen Minuten den Platz verlassen musste.

Die (Nicht-)Leistung der Altstars

Xavi, Xabi Alonso und unser WM-Starspieler Andres Iniesta standen im ersten Match gegen die Niederlande in der Startformation und keiner der Altstars konnte annähernd an seine vergangenen Leistungen anknüpfen. Iniesta war zwar einer der Aktivposten im spanischen Spiel, doch schlussendlich wurde viel Aufwand betrieben, der jedoch zu keiner konkreten Torchance führte. Spielgestalter Xavi, mit 34 Jahren einer der ältesten Feldspieler des Turniers,  knüpfte nahtlos an seine Leistung bei Barcelona an, die allgemein als ausbaufähig beschrieben werden kann. Im zweiten Spiel durfte Xavi, seines Zeichens Kapitän des FC Barcelona, dann sogar auf der Bank Platz nehmen. Xabi Alonso agierte wie üblich als beinharter Defensivmann, dem jedoch nicht viel gelang und dessen weite Bälle nur selten ihr Ziel fanden.

Natürlich darf die Schuld nicht allein bei den Routiniers der Mannschaft gesucht werden, denn auch die jüngere Generation zeigte nicht die von ihnen erwartete Leistung. Die Außenverteidiger Jordi Alba und Cesar Azpilicueta schalteten sich nur selten gefährlich in die Offensive mit ein, die Innenverteidigung mit Gerard Pique und Sergio Ramos, eigentlich zwei der besten Spieler der Welt auf dieser Position, zeigte ungewohnte Schwächen. Die Offensivspieler David Silva oder Pedro taten sich schwer gegen die tief stehenden Holländer mit Tempo in die gefährliche Zone des Spielfelds vorzudringen.

Unterm Strich bleibt zu sagen, dass die Spanier 2 Spiele über 90 Minuten in WM 2014 Vorrundengruppe B eine enttäuschende Leistung abgeliefert haben, die bei einer Fußball Weltmeisterschaft mit dem Ausscheiden bestraft wird. Es bleibt abzuwarten, wie die „Furia Roja“ in Puncto Personal und Spielsystem auf das sehr überraschende Ausscheiden in der Gruppenphase reagieren wird.